In der Pause - ja es gab eine Pause und ich fand es gut - stand wenige Meter von mir entfernt auf der Männertoilette ein alter Mann mit weißen Haaren, der beim Pinkeln in sein Handy mit heiserer, laut flüsternder Stimme krächzte: "Estou no show de Crosby! Está a espectáculo!" Frei übersetzt: "Ich bin bei Crosby, Stills and Nash. Es ist der Hammer!" Ein allgemeines Schmunzeln durchfuhr die anderen Männer, die neben ihm und mir pinkelten.
Recht hatte der Mann! Wir (Delaine, Uwe und ich) saßen in der dritten Reihe und genossen einen Bombensound und den direkten Blick auf die warm eingeleuchtete Bühne, wo die drei Woodstockveteranen David Crosby, Stephen Stills und Graham Nash gemeinsam mit fünf weiteren hochkarätigen Musikern zeigten, dass sie nichts verlernt haben. Ein Hochgenuß!
Entdeckt hatte ich Crosby, Stills und Nash zusammen mit meiner Tochter Lena, mit der ich vor knapp 10 Jahren im IMEX-Kino in Kopenhagen einen Film über Korallen gesehen hatte. Der Film war ganz schön, aber die Musik im Hintergrund war von Crosby, Stills und Nash und gefiel uns total gut. Am gleichen Tag kaufte ich die CD in einem Second-Hand-Plattenladen und die Musik der Platte "Déjà vu" wurde zum Soundtrack eines verregneten Sommerurlaubs auf Sjælland.
Die "Cittibank-Musichall" befindet sich im Untergeschoss des "Via Parque", eines der zahlreichen großen Shopping-Center im Stadtteil Barra da Tijuca. Momentan regnet es in Rio ohne Pause und Shopping-Center sind eine Möglichkeit, der Wohnung trotzdem zu entkommen. Ungläubig musterte ich die große Anzeigetafel auf dem Parkplatz des "Via Parque" vorvorgestern (am 12. Mai): heute "Roxette" (würg!) und morgen schon Crosby, Stills and Nash (yeah!).
Eine Nacht musste ich dann doch über die Höhe der Eintrittskarte (370 Reais - die Umrechnung erspare ich mir lieber!) schlafen, dann sprach mir mein Freund Uwe, der in meinem Umkreis der Einzige war, der von der Band überhaupt schon gehört hatte, Mut zu. So fuhr ich gestern früh wieder los, um Karten zu besorgen. Bis zum Schluss befürchtete ich, dass wir abends gar nicht zur Show kommen würden, da ich kein Amphibienfahrzeug habe und die Straßen an manchen Stellen so überflutet waren, dass mein Auto auf der Rückfahrt vom Kartenkauf einmal fast abgesoffen war.
Ok, mit dem Ehrenkodex des Rock'n Roll lassen sich überteuerte Eintrittskarten und Sitzplätze vor der Bühne nicht unbedingt in Einklang bringen. Aber die alten Kerle haben über 3 Stunden lang wirklich Gas gegeben und mich tief beeindruckt! Rock mit einem überaus harmonischen Grundklang von Gelassenheit (besonders bei dem buddhahaft relaxten David Crosby) gefällt mir sehr!
Vielleicht vermittelt meine überbelichtete Handyvideoaufnahme des Songs "Our House" einen falschen Eindruck der gestrigen Show. Die meisten Stücke waren dynamischer und schneller, aber die Reaktion der Zuschauer (es waren doch 2000) bei dem wohl bekanntesten Stück am Ende einer langen Show fand ich sehr interessant! Auch die Aufnahme von "As I Come Of Age" ist wesentlich langsamer, als die meisten Stücke, die gestern gespielt wurden.
15. Mai 2012: Noch eine kleine Zugabe:
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Uwe Brunn (Dienstag, 15 Mai 2012 18:03)
Recht hast Du - es war eine beeindruckende Show mit einer faszinierenden Stimmung im Publikum!
Hiltraud (Mittwoch, 16 Mai 2012 17:24)
Ja, den drei alten "Indianern" hätte ich auch gern zugehört.Die Stimmung kommt rüber...
Jürgen Kühn (Samstag, 19 Mai 2012 16:59)
Lieber Robert,
Bilder u. Musik sind großartig, aber mehr für unsere Kinder als für uns Alte. Vielen Dank für diese und die frühere Mail. Durch Dich bleiben wir stets mit der weiten Welt verbunden. Wir hören von Dir mehr als aus Bremen und noch weniger aus Flensburg. Hier wird es endlich wärmer und sonniger, während bei Euch der Winter kommt. Dir und
Elaine sowie Giovanna alles Gute Dein Jürgen