Sommer 2018 - ein Plädoyer

Letztes Jahr beschwerten sich viele darüber, dass der Sommer so schlecht sei. Dass es in Deutschland schon lange gar keine richtigen Sommer mehr geben würde. Rudi Carrells Frage "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" stand seit 1975 unbeantwortet im Raum. Mir gefiel der Sommer 2017 unerwartet. Nach 8 Jahren in Rio hatte ich wohl Schlimmeres befürchtet. Im Vergleich zu meiner Heimatstadt Flensburg hat Hannover ein wärmeres Klima, vielleicht war ich deshalb mit dem vergangenen Sommer im Gegensatz zu den meisten Hannoveranern recht zufrieden.  

Mit dem Sommer 2018 hat wohl niemand gerechnet. Die Hitze ist gewaltig und ermattend. Anders als in Brasilien gibt es kaum Klimaanlagen. In Behörden und Betrieben wird geschwitzt, genau wie in der Stadtbahn, die - anders als die Metro in Rio - natürlich nicht klimatisiert ist. Wer noch einen Ventilator ergattern konnte, ist glücklich. In Hannover sind seit einer Woche Ventilatoren und mobile Klimaanlagen ausverkauft. 

Hier - am Stadtrand Hannovers -  gesellt sich zur Hitze eine staubige Trockenheit. Die Augen brennen. Selbst das Wasser fällt in Form von Staub auf die Felder, wie meine Bilder hier eindeutig beweisen. 

Aber die Abende sind einfach herrlich und entschädigen für die Qualen der Mittagszeit in wunderbarer Weise. Seit Wochen habe ich keinen Pullover mehr angezogen, obwohl ich immer bis spät in der Nacht draußen war. 

Es ist die Kombination aus wohliger Wärme, teilweise sogar noch richtiger Hitze, würziger Luft und der Hauptzutat Licht. Diese lange norddeutsche Dämmerung, die alles in Gold taucht. 

Spätestens um 20.00 Uhr muss man den kühlen Kellerraum verlassen, in dem man sich tagsüber vor der staubigen Hitze versteckt hat. 

Im T-Shirt spürt man den leichten Hauch eines Windes. Seit Wochen habe ich bei meinen abendlichen und nächtlichen Expeditionen keinen Sicherheitspullover mehr dabei. Genau wie in Rio!

Ich wundere mich über die Einschätzungen von Experten, die sofort Klimawandel diagnostizieren, teilweise von einer Katastrophe reden. Ich erinnere mich an ähnlich heiße Sommer und verweise nochmals auf Rudi Carrell, dem es schon 1975 genauso ging. Auf der andere Seite bin ich natürlich kein Experte und möchte vor allem die Schäden, die die Landwirtschaft zu verzeichnen hat, in keiner Weise bagatellisieren. 

Bei meinen heutigen Abendspaziergang habe ich wie an den vielen Abenden zuvor einfach eine tiefe Liebe für diesen Sommer gespürt. 

Für die kommende Woche ist wieder große Hitze angesagt. Ich werde meinen privaten Ventilator mit zur Arbeit nehmen :-)

Ab dem kommenden Wochen soll es dann aber deutlich abkühlen. Ich spüre jetzt schon eine Wehmut in mir, wenn ich an das Ende diese Wahnsinns-Sommers denke!

Genau dieses Licht meine ich! Es wäre anders, wenn es nicht so warm wäre, oder?

Und vergesst beim Stöhnen über die Hitze nicht, wie hart und lang der Winter war. Als ich Ende Februar einen zugefrorenen Teich fotografieren wollte und kurz die Handschuhe auszog, um die Kamera für eine Langzeitbelichtung einzustellen, taten mir nach dreißig Sekunden die Finger weh vor eisiger Kälte.

Dieser Text ist natürlich sehr subjektiv und beachtet nicht alle Faktoren, die für die Bewertung dieses Sommer eigentlich zu Rate gezogen werden müssten. Sehr subjektiv ist auch meine einzige große Kritik, die ich diesem Sommer entgegen zu bringen habe: Die Wespen, sie nerven. Ich hasse sie einfach, egal wie nützlich sie sein mögen. Ich bin davon überzeugt, dass man in Hannover von einer Wespenplage sprechen kann!

Der Hochsitz ist mir heute zum ersten Mal aufgefallen. Er wirkt doch etwas bedrohlich in der Weite des Stadtrands. 

Zum Schluss noch die üblichen, aber durchaus ästhetisch interessanten Monokulturen im sommerlichen Abendlicht des 5. August 2018.