9. Dezember 2012
Schon seit Delaine und ich mit dem Videoblog für wmrio.de begonnen hatten, war ich scharf darauf, die "Teléferico" (Gondelbahn) auf dem Complexo do Alemão zu filmen. Fast war ich ärgerlich, als die neue Prime-Time-Novela "Salve Jorge" ihre allabendliche Seifenoper mit knallscharfen HD-Bildern genau dort spielen ließ, wo ich doch die Idee schon vorher gehabt hatte :-)!
Am 20. November war es dann endlich soweit. Mit der ganzen Großfamilie starteten wir in der der ersten Station "Bonsucesso" (so heißt der Stadtteil in Rios Nordzone, wo die Bahn los geht). Genau wie in Rios Metrostationen, hört man klassische Musik von überall her. Die Bahnhofshalle ist groß, modern aber angenehm schlicht.
Dann kommen sie, die knallroten Gondeln mit der Werbung für KIBON (so heißt LANGNESE in Brasilien). Die insgesamt 152 Gondeln halten nie richtig an, sie drehen nur langsam die Fahrtrichtung in den Endstationen, sodass die Passagiere "im Fahren" einsteigen müssen, was aber sehr gesittet und unter den Augen der anwesenden Sicherheitsleute abläuft. Die Gondeln sind klein. Sechs Personen finden Platz, unsere Großfamile muss sich auf zwei Gondeln aufteilen.
Was dann passiert, ist wirklich fantastisch: Immer weiter dringt man in den Luftraum der großen Favela "Complexo do Alemão" ein. Nach Bonsucesso kommen die Stationen Morro do Adeus, Morro da Baiana, Morro do Alemão, Itararé und schließlich Palmeiras. Man schwebt über einem ästhetisch hoch interessantes System von einfachen Häusern und Gassen. Der Blick geht am Horizont bis zur Guanabara-Bucht. In der Gondel wird es heiß!
Seit gut zwei Jahren hat der "Complexo do Alemão" die UPP (Unidade de Polícia Pacificadora), was bedeutet, dass die Polizei in die Favela eingerückt ist und sie "pazifiziert" hat. Die Interviews, die wir im Complexo machen konnten, waren mit Blick auf die UPP durchgehend euphorisch. Vielen Menschen scheint es besser zu gehen. Aber schon eine Woche nach unseren Filmaufnahmen gab es wieder Schießereien und ich weiß nicht, ob wir unseren Ausflug zurzeit wiederholen würden. Was man im Videoblog auch nicht sehen kann, sind die drei Polizisten mit Maschinenpistolen im Anschlag, die den "Berg" runterstiegen, als wir vom Interview mit "Minera" und ihrer Chefin eben diesen wieder hochkamen. Da wurde mir schon kurz mulmig.
Ansonsten hatten wir wirklich einen spannenden Tag im "Bereich des Deutschen", wie der Complexo übersetzt heißt. Von der Idee der Gondelbahm bin ich auf jeden Fall begeistert! Aber nun: Lehnt Euch zurück und genießt Delaines Video Blog Teil 4!